Brexit: Bald neuer Angemessenheitsbeschluss für Großbritannien?

Die EU-Kommission hat in der vergangenen Woche ihren Entwurf eines Angemessenheitsbeschlusses für Großbritannien veröffentlicht. Über den Entwurf entscheiden nun der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) und die EU-Mitgliedsstaaten. Sollte der Entwurf akzeptiert werden, würde Großbritannien als „sicheres Drittland“ gelten; ein Datentransfer wäre dem Inländischen (innerhalb EU/EWR) gleichgestellt.

Was bisher geschah

Nach mehrfachen Verschiebungen des Brexits, ist Großbritannien seit dem 01. Februar nun offiziell aus der EU ausgetreten. Zeitgleich mit dem Austritt begann die Übergangsphase, in der Großbritannien weiterhin Teil des EU-Binnenmarkts blieb. Kurz vor Ablauf dieser Übergangsfrist einigten sich Großbritannien und die EU am 24.12.2020 über ein Handelsabkommen, das die Zusammenarbeit nach dem Brexit regelt. Von diesem Handelsabkommen umfasst sind auch datenschutzrechtliche Regelungen, die dazu führen, dass Datentransfers nach Großbritannien für weitere vier Monate zulässig sind. Wir berichteten hierzu am 05. Januar 2021. Die im Handelsabkommen vereinbarte Übergangsperiode sollte spätestens nach sechs Monaten oder mit Inkrafttreten eines Angemessenheitsbeschluss enden. Letzteres könnte nun eintreten.

Was ist neu?

Die EU-Kommission hat sich nun – schneller als erwartet – auf einen Entwurf für einen Angemessenheitsbeschluss nach Art. 45 DSGVO geeinigt. Ein solcher würde als Rechtsgrundlage für die Weitergabe von personenbezogenen Daten an Unternehmen und Organisationen in Großbritannien fungieren. Der Datentransfer könnte so quasi unverändert weitergehen. Zusätzliche Maßnahmen, wie beispielsweise der Abschluss von Standardvertragsklauseln o.Ä., wären (anders als bei Datentransfers in „unsichere“ Drittländer) nicht notwendig.

Kritik und die Aussicht auf „Schrems III“

Ein Angemessenheitsbeschluss würde nicht nur Rechtssicherheit bringen, sondern naturgemäß den Datenaustausch zwischen der EU und Großbritannien im Vergleich zur Situation ohne Angemessenheitsbeschluss erheblich vereinfachen.

Mit den Erfahrungen aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs zu Save Harbour („Schrems I“) und Privacy Shield („Schrems II“) befürchten einige Experten allerdings, dass auch der angestrebte Angemessenheitsbeschluss für Großbritannien nicht lange gelten könnte. Der Grund: Auch Großbritannien ermöglicht den inländischen Sicherheitsbehörden – ähnlich wie die USA – einen umfangreichen Zugriff auf Daten, ohne entsprechend notwendige, wirksame Rechtsbehelfe gegen Zugriffe zu ermöglichen. Max Schrems, Beschwerdeführer in den beiden o.g. Verfahren, kündigte auf Twitter bereits an, auch den britischen Angemessenheitsbeschluss prüfen zu wollen.

Die nächsten Schritte

Noch ist der Angemessenheitsbeschluss jedoch nicht final beschlossen. Als nächstes wird sich die EU-Kommission die Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses einholen. Danach müssen zudem die EU-Mitgliedsstaaten dem Beschluss zustimmen. Es bleibt abzuwarten, inwiefern bereits in dieser Phase mit Vorbehalten hinsichtlich der oben thematisierten Zugriffsproblematiken zu rechnen ist.

 


Quellen:

Pressemitteilung der EU-Kommission vom 19.02.2021: Datenschutz: Europäische Kommission leitet Verfahren zu Übermittlungen personenbezogener Daten in das Vereinigte Königreich ein.

Artikel von Alexander Fanta auf netzpolitik.org vom 19.02.2021: EU-Kommission gibt Okay für Datenflüsse nach Großbritannien.