EuGH untersagt geplantes Fluggastdaten-Abkommen der EU mit Kanada

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein von der EU mit Kanada von 2010 bis 2014 ausgehandeltes Abkommen über die Übermittlung und Verarbeitung von Fluggastdatensätzen („Passenger Name Records“ – PNR) vorerst gestoppt.

Die Luxemburger Richter hatten über eine Anfrage des Europäischen Parlaments zu entscheiden, in der sie um Zustimmung zu dem Fluggastdaten-Abkommen gebeten wurden. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob das Übereinkommen mit den Vorschriften des Unionsrechts über die Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten vereinbar ist. Es war das erste Mal, dass das Gericht über die Vereinbarkeit einer geplanten internationalen Übereinkunft mit der Grundrechtecharta der EU zu befinden hatte.

Das geplante Abkommen mit Kanada sieht vor, bis zu 60 Einzeldaten pro Passagier und Flugbuchung fünf Jahre lang zu speichern und an staatliche Stellen in Kanada zu übermitteln. Dabei dürfen die Behörden in Kanada diese Datensätze auswerten und an weitere Staaten übermitteln. Die Daten geben Aufschluss über den gesamten Reiseverlauf, Reisegewohnheiten, Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Personen, die finanzielle Situation der Fluggäste, deren Ernährungsgewohnheiten und Gesundheitszustand. Diese Daten sollen fünf Jahre gespeichert und ggf. an andere Behörden und Drittländer weitergegeben werden. Ziel ist die Bekämpfung von Terrorismus und grenzübergreifender schwerer Kriminalität.

Übermittlung sensibler Daten nur mit präziser und fundierter Rechtfertigung

In seiner Pressemitteilung stellt der Gerichtshof nun fest, dass das geplante Abkommen in seiner jetzigen Form nicht geschlossen werden darf. Die Richter kritisierten, dass sensible Daten übermittelt werden sollen. Dies betrifft u.a. Informationen über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen sowie Informationen über die Gesundheit einer Person. Gerade aber für die Übermittlung solcher Daten bedürfe es einer präzisen und besonders fundierten, auf andere Gründe als den Schutz der öffentlichen Sicherheit vor Terrorismus und schwerer Kriminalität gestützten Rechtfertigung. An einer konkrete Zwecknennung und -Bindung fehle es aber bei dem Abkommen. Aus diesem Grund sei die Übermittlung, Verarbeitung und Speicherung sensibler Daten nicht mit den europäischen Grundrechten vereinbar.

Der EuGH bemängelte außerdem die lange Speicherdauer von fünf Jahren ab. Sobald der Fluggast das Land wieder verlassen habe und sich bis dahin keine Terrorgefahr oder Gefahr grenzübergreifender schwerer Kriminalität ergeben habe, bestehe kein Grund für die weitere Speicherung der Daten. Nur wenn sich objektive Anhaltspunkte für solche Gefahren ergeben, sei auch eine Speicherdauer von fünf Jahren gerechtfertigt.

Datenschutzbeauftragter begrüßt Entscheidung aus Luxemburg

Die Entscheidung des EuGH zum Austausch von Fluggastdaten stärkt nach Einschätzung des Hamburger Datenschutz-Beauftragten, Johannes Caspar, die Datenschutzrechte. Der Europäische Gerichtshof habe „eine klare rechtsstaatliche rote Linie für mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus und grenzüberschreitender schwerer Kriminalität“ gezogen. „Gerade dort, wo anlasslos die Daten von Bürgern gespeichert und verarbeitet werden, gilt es, dem Bestimmtheitsgebot besonders Rechnung zu tragen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung als zentralen Maßstab anzulegen.“ (fl)

Quellen:

EuGH vom 26.07.2017: Pressemitteilung Nr. 84 /17

heise online vom 26.07.2017: EuGH stoppt geplantes Fluggastdaten-Abkommen der EU mit Kanada

Zeit online vom 26.07.2017: Datenschutz-Beauftragter begrüßt Fluggastdaten-Entscheidung