Bundesarbeitsgericht verbietet pauschale Überwachung von Mitarbeitern

Arbeitgeber dürfen die IT- und Internetnutzung ihrer Mitarbeiter nicht ohne Anlass pauschal überwachen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 27. Juli 2017. Danach ist der Einsatz einer Keylogger-Software, mit der alle Tastatureingaben an einem dienstlichen Computer für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet werden, nicht durch den Erlaubnistatbestand des § 32 Abs. 1 BDSG gedeckt, wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht.

Keylogger überwachte gesamten Internet-Verkehr
Hintergrund des Urteils war die Klage eines Web-Entwicklers aus NRW, dessen gesamter Internet-Verkehr und die Benutzung seiner Systeme von seinem Arbeitgeber „mitgeloggt“ wurde. Der Arbeitgeber installierte auf seinem Dienst-PC eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Screenshots fertigte. Nach Auswertung der mit Hilfe des Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Mitarbeiter statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit auch privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und in der Regel in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben. Der Arbeitgeber, der nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausging, der Mitarbeiter habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Keine Überwachung „ins Blau hinein“
Die Vorinstanzen hatten einer dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Nach Ansicht des Zweiten Senats des BAG durften die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden. Der Arbeitgeber habe durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Die Informationsgewinnung sei nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässig gewesen. Die Richter stellten fest: Der Arbeitgeber dürfe seinen Mitarbeiter nur dann mittels Keylogger überwachen, wenn ein auf Tatsachen beruhender Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung bestehe. Eine vom Arbeitgeber sozusagen „ins Blaue hinein“ veranlasste Überwachung sei unverhältnismäßig. (fl)

Quellen:

BAG, Pressemitteilung zum Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16 –

heise online vom 27.07.2017: Bundesarbeitsgericht bestätigt Verwertungsverbot für Keylogger

Zeit online vom 27.07.2017: Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter nicht pauschal überwachen