Entschädigung für emotionale Schäden gem. DSGVO
In der digitalisierten Welt sind Daten zu einem wertvollen Gut geworden. Mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung steigt jedoch auch das Risiko von Datenschutzverstößen und damit verbundenen Schäden. Ein komplexes und oft diskutiertes Thema im Datenschutzrecht ist die Frage, ob ein Schadensersatz für immaterielle Schäden, insbesondere für Gefühlsschäden, gewährt wird.
Der EuGH hat in kürzester Zeit mehrere Fragen zum Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO beantwortet. Er vertritt eine klägerfreundliche Position und stellt fest, dass der Begriff des immateriellen Schadens weit zu verstehen ist. Entsprechend bleibt die Frage offen, ob ein Schadensersatz für bloße Gefühlsschäden, also Schäden in Form von negativen Emotionen, besteht.
Dieser Blogbeitrag gibt einen Überblick über die jüngsten Entscheidungen EuGH zu Art. 82. Abs. 1 DSGVO und deren Auswirkungen auf das Verständnis von immateriellen Schäden.
Immaterieller Schaden nach Art. 82. Abs. 1 DSGVO
Die meisten Unklarheiten zum Schadensersatzanspruch nach Art. 82. Abs. 1 DSGVO betrafen bislang die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein immaterieller Schaden gegeben ist. In der Literatur und Rechtsprechung wurde oft davon ausgegangen, dass immaterielle Schäden nur ersatzfähig sind, wenn sie erheblich sind. Der EuGH hat jedoch in den folgenden Entscheidungen eine solche Erheblichkeitsschwelle ausdrücklich abgelehnt.
Die Entscheidungen des EuGH
In der Rechtssache Österreichische Post (C-300/21) hat der EuGH festgestellt, dass immaterielle Schäden weit zu verstehen sind und bereits negative Gefühle wie Ärger, Unmut, Unzufriedenheit, Sorge und Angst einen Schadensersatzanspruch begründen können. In einem weiteren Fall (C‑340/21, v. 14. Dezember 2023) ging es um die Befürchtung zukünftigen Datenmissbrauchs. Hier entschied der EuGH, dass solche Ängste unter bestimmten Bedingungen einen immateriellen Schaden darstellen können, sofern der Kläger nachweisen kann, dass dieser einen tatsächlichen emotionalen Schaden erlitten hat. Die Befürchtung muss jedoch unter den gegebenen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person begründet sein. Weiter entschied der EuGH in der Rechtssache Gemeinde Ummendorf (C-456/22), dass selbst der kurzfristige Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden darstellen kann, ohne dass eine spürbare oder objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung vorliegen muss.
Was erfasst der Begriff „immaterieller Schaden“?
Der EuGH hat betont, dass der Begriff des immateriellen Schadens weit zu verstehen ist und keine weiteren Voraussetzungen, wie etwa die, dass der Nachteil spürbar oder die Beeinträchtigung objektiv sein muss, gefordert werden dürfen. Ein weiteres interessantes Detail ergibt sich aus der Entscheidung in der Rechtssache MediaMarktSaturn (C-687/21). Ein Kläger äußerte Unbehagen, weil seine personenbezogenen Daten für eine halbe Stunde an einen Dritten gelangt sind. Aufgrund dessen befürchtete er, dass auch zukünftig seine Daten weitergegeben bzw. missbraucht werden können. Besonders an diesem Fall war, dass der Dritte vor Rückgabe der Daten nachweislich keine Kenntnis von den ihm nicht zustehenden Daten genommen hatte, auch wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, die Daten zu kopieren. Hier stellte der EUGH klar, dass die Befürchtung eines künftigen Datenmissbrauchs unter bestimmten Umständen nicht per se zu einer Entschädigung führen kann, vor allem wenn der Eintritt des Schadens unwahrscheinlich ist. Hier ist es nun Aufgabe des nationalen Gericht die Leitlinien des EuGH bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
Das sagt der Bundesgerichtshof (BGH)
Auch der BGH unterstreicht die Leitlinien aus den obigen Entscheidungen des EuGH. Dieser legte fest, dass alle vom EuGH genannten negativen Gefühle ausreichend sind, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Ergänzende Voraussetzungen gelten jedoch für sogenannte Erwartungsemotionen wie die Befürchtung eines zukünftigen Datenmissbrauchs.
Beweislast für emotionale Schäden
Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Schadens, wobei die Anforderungen an den Nachweis nicht zu hoch sein dürfen. Der Schadensnachweis sollte sich an den individuellen Umständen des Klägers orientieren und nicht an einem objektiven Dritten.
Fazit
Die jüngsten Entscheidungen des EuGH zeigen, dass der Begriff des immateriellen Schadens weit zu verstehen ist und bereits negative Gefühle und die Befürchtung eines künftigen Datenmissbrauchs einen Schadensersatzanspruch begründen können. Diese Entscheidungen sind ein wichtiger Schritt in Richtung eines besseren Schutzes der Rechte von Betroffenen im Datenschutzrecht. Sie betonen die Notwendigkeit, dass die persönlichen Gefühle und Befürchtungen der betroffenen Personen ernst zu nehmen und zu berücksichtigen sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass neben zukünftigen Sorgen und Ängsten oder Befürchtungen, die aus dem potenziellen Missbrauch von Daten entstehen können, auch der bloße Verlust der Kontrolle über persönliche Daten ausreichend ist, um als immaterieller Schaden anerkannt zu werden. Damit der Anspruch auf Schadensersatz durchsetzbar ist, muss dieser begründet sein.
Links/Hinweise
Rechtssache Österreichische Post (C-300/21)
C‑340/21, v. 14. Dezember 2023
Rechtssache Gemeinde Ummendorf (C-456/22)
Rechtssache MediaMarktSaturn (C-687/21)