25.Mai 2022 | Team Datenschutz | Thema: Allgemein

Arbeitgeber als Diensteanbieter im Sinne des TKG?

Schon lange ist umstritten, ob Arbeitgeber bei erlaubter privater Nutzung des betrieblichen E-Mail-Accounts und des Internetzugangs zum Diensteanbieter im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) werden. Ein Urteil des LG Erfurt vom 28.04.2021 (Az. 1 HK O 43/20) reiht sich nun in die Diskussion ein und sagt: Nein!

Sachverhalt – worum ging’s in dem Urteil des LG Erfurt?

Geklagt hatte ein Vorstandsmitglied eines Unternehmens, dem zuvor aufgrund gravierender Pflichtverletzungen außerordentlich gekündigt worden war. Der Kläger hatte während seiner Tätigkeit unter anderem dienstliche E-Mails an sich und seine Ehefrau weitergeleitet. Die Nutzung von E-Mail und Internet war in dem Unternehmen ausdrücklich erlaubt. Herausgekommen war die Pflichtverletzung des Klägers bei einer Einsichtnahme in das E-Mail-Postfach des Klägers durch das nun beklagte Unternehmen. Die Einsichtnahme geschah ohne Zustimmung des Klägers, weshalb er das Unternehmen gerichtlich zur Unterlassung aufforderte. Der Kläger bekam zunächst im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens Recht, die Beklagte wurde dazu aufgefordert, die Einsichtnahme in das E-Mail-Postfach zu unterlassen und die Informationen zu sperren. Gegen diesen Bescheid legte die Beklagte Widerspruch ein, über den das LG Erfurt nun zu entscheiden hatte.

Hintergrund – wer ist ein Diensteanbieter im Sinne des TKG?

Solche Fälle stehen und fallen mit der Einordnung von Unternehmen als Diensteanbieter im Sinne des TKG. In dieser Frage herrscht bereits ein jahrelanger Meinungsstreit, der auch schon vor der DSGVO relevant war und auch durch die diversen Neuregelungen bisher leider nicht gesetzlich geklärt wurde. Die Aufsichtsbehörden vertreten dabei die Auffassung, ein Unternehmen, welches die private Nutzung von E-Mail und Internet nicht verbiete (also entweder duldet oder ausdrücklich erlaubt), gilt als Diensteanbieter im Sinne des TKG. Die Folge ist: Der Arbeitgeber ist aufgrund des Fernmeldegeheimnisses nicht berechtigt, ohne entsprechende Zustimmung des Beschäftigten auf die E-Mail-Kommunikation oder Protokolle der Internetnutzung zuzugreifen. Problematisch wird das insbesondere bei konkreten Verdachtsfällen für eine Pflichtverletzung, wie in diesem Fall.

Entscheidungsgründe des LG Erfurt

Das LG Erfurt macht nun in seinem Urteil deutlich, dass die Beklagte nicht Diensteanbieter im Sinne des TKG ist und begründet dies mit der fehlenden Geschäftsmäßigkeit des E-Mail- und Internetangebots an Dritte. So erbringe ein Unternehmen bei Bereitstellung von E-Mail- und Internetdiensten an die internen Beschäftigten gerade keine geschäftsmäßigen Telekommunikationsdienste. Zudem seien die Beschäftigten keine Dritten, so dass es an dem erforderlichen an Dritte gerichteten Angebot fehle.
Das LG Erfurt kommt auch unter Auslegung von Sinn und Zweck des TKG zu dem Schluss, dass die Privatnutzung von E-Mail und Internet nicht dazu führe, dass Unternehmen als Diensteanbieter anzusehen seien. Das Gesetz bezwecke vielmehr eine Regelung des Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation. Ein Unternehmen, welches den Beschäftigten die Privatnutzung erlaubt, trete aber gerade nicht als Wettbewerber an, sondern nutze die Dienste selbst und leite sie nur an die Beschäftigten weiter.
Das Gericht greift in einem Nebensatz auch auf, dass die Aufsichtsbehörden eine andere Meinung vertreten, betont aber in dem Zusammenhang nochmals, dass Arbeitgeber keine Diensteanbieter sind, weil sie die Telekommunikationsdienste nicht für Dritte nach außen erbringen, sondern in erster Linie intern den Beschäftigten überlassen, damit diese ihre Arbeit erledigen können.

Alles klar?

Damit dürfte dann ja alles geklärt sein, oder? Leider nein, denn ein höchstrichterliches Urteil zu der Frage liegt leider noch nicht vor. So ist das Urteil des LG Erfurt nur eines von vielen in der großen Diskussion aller Beteiligten. Hinzu kommt, dass die Regelungen des TKG durch jene des TTDSG (Gesetz zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien) erneuert wurden. Dabei wurde die Regelung zum Anwendungsbereich des Fernmeldegeheimnisses unverändert in den § 3 Abs. 2 TTDSG übernommen. Der Gesetzgeber hat bei der Novelle des TKG versäumt, diese Frage zu klären.

Was tun als Arbeitgeber?

Letztlich bestätigt das Urteil des LG Erfurt zwar die arbeitgeberfreundliche Ansicht. Trotzdem sollten Unternehmen sich auf diesem Urteil nicht ausruhen, da insbesondere die Aufsichtsbehörden anderer Meinung sind. Um völlig sicherzugehen, bleibt weiterhin nur die Möglichkeit, die Privatnutzung von E-Mail und Internet zu verbieten. Alles andere kann zu Rechtsunsicherheiten und ggf. auch Auseinandersetzungen mit der Aufsichtsbehörde führen.

LINK zum Urteil: https://openjur.de/u/2363114.html