Landgericht Berlin spricht Eltern das Recht auf das Facebook-Konto ihres verstorbenen Kindes zu

Das Landgericht Berlin gab in einem jüngst veröffentlichten Urteil (20 O 172/15) – dem ersten dieser Art – einer Mutter Recht, die Zugang zum Facebook-Konto ihrer im Jahr 2012 unter bisher ungeklärten Umständen verunglückten, minderjährigen Tochter erlangen wollte. Sie erhofft sich hiervon, Hinweise auf Motive für einen möglichen Suizid der Tochter zu erhalten.

Das Gericht begründete sein Urteil primär damit, dass das Konto ebenso Teil des Nachlasses des Kindes sei wie etwa Briefe oder Tagebücher. Dies stehe nicht in Konflikt mit dem Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen, da die Eltern ein Recht auf Einsicht in die Kommunikation ihres minderjährigen Kindes haben. Sorgeberechtigte haben nach Ansicht des Gerichts das Recht zu erfahren, wie und mit wem das minderjährige Kind im Internet kommuniziert habe, insbesondere auch nach dessen Tod.

Das Gericht kam zu folgender Einschätzung: „Der Vertrag zur Nutzung der Facebook-Dienste, den die Tochter abgeschlossen hatte, sei wie jeder andere schuldrechtliche Vertrag auf die Erben übergegangen. Eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des ´analogen´ Vermögens des Erblassers sei nicht gerechtfertigt.“

Facebook selbst äußerte sich besorgt, da dies auch die potenziell sensiblen Daten Dritter betrifft, nämlich der Kommunikationspartner des Kindes. Die Erben des Kontos haben nun Einsicht in diese Daten, ohne dass die Betroffenen selbst darauf Einfluss nehmen können. Ebenso ist unklar, was das Urteil in Bezug auf volljährige Verstorbene aussagt. Diese Frage wird wohl vorerst offen bleiben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann Berufung beim Kammergericht innerhalb eines Monats eingelegt werden.
(eh)

Quellen:

http://www.golem.de/news/gerichtsurteil-eltern-erben-facebook-konto-des-kindes-1601-118389.html

Das Urteil des Landgerichts Berlin ist verfügbar unter:
http://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2016/