Freiwillige „Vorratsdatenspeicherung“: Bundesdatenschutzbeauftragte Voßhoff gibt Bericht zu Kontrollbesuchen bei Vodafone nun doch ungeschwärzt frei

Seit Jahren kämpft der schleswig-holsteinische Jurist Patrick Breyer, der auch im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung aktiv ist, auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) um die Herausgabe eines ungeschwärzten Berichts von März 2012 zu Kontrollbesuchen der Datenschutzaufsicht beim Kommunikationsriesen Vodafone.

Bisher hatte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff den Bericht nur mit geschwärzten Zahlen herausgegeben. Gestrichen sind darin unter anderem sämtliche Zahlen zu den Speicherfristen der sogenannten Verkehrsdaten. Ersichtlich ist laut heise online nur, dass Vodafone „Rohdaten“ von Kunden, die ausländische Netze genutzt haben, für sieben Tage aufbewahrt. Viele andere Details zur „freiwilligen Vorratsdatenspeicherung“ bei Vodafone blieben also weiter geheim. Voßhoff, die sich bisher der Argumentation des Düsseldorfer Konzerns angeschlossen hatte, dass es sich bei Informationen zur Speicherdauer von Verbindungs- und Standortdaten um Betriebsbeziehungsweise Geschäftsgeheimnisse handele, hat ihre Meinung nun überraschend geändert.

Mittlerweile sieht die CDU-Politikerin keinen Grund mehr dafür, das Dokument aufgrund von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Vodafones nur geschwärzt herauszugeben. Dagegen wehrt sich der Provider nun gerichtlich.

Sieben-Tage-Frist wird offenbar nicht eingehalten
Bekannt ist schon seit langem, dass viele Mobilfunkanbieter Verkehrsdaten weitgehend ohne Anlass bis zu sechs Monaten sammeln, obwohl sie mit Voßhoffs Vorgänger Peter Schaar eine zweckbezogene siebentägige Frist vereinbart hatten. Vodafone soll selbst bei Gesprächen im eigenen Netz Verbindungs- und Standortinformationen bis zu 180 Tage speichern. Innerhalb dieser Frist können Rechteinhaber Auskunftsansprüche stellen, um z.B. bei einem Urheberrechtsverstoß im Internet Name und Anschrift zum Nutzer einer IP-Adresse abzufragen. Voßhoff äußerte bisher Verständnis für diese Praxis von Telekom, Vodafone und Co.: Kunden müssten damit rechnen, dass ihre Mobilfunkdaten im Zweifel bis zu einem halben Jahr vorgehalten werden.

Wie heise online berichtet, ging aus dem zunächst freigegebenen geschwärzten Bericht hervor, dass Vodafone ein „180-Tage-Tool“ verwendete, um Verkehrsdaten auch für Strafverfolgungsbehörden bereitzustellen. Mittlerweile soll das deutsches Tochterunternehmen der britischen Mobilfunkgesellschaft Vodafone Group das Instrument an die aktuellen Anforderungen angepasst haben, nachdem das Bundesverfassungsgericht das einstige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2010 kippte. Von Anfang Juli 2017 an gilt eine Nachfolgeregel mit kürzeren Aufbewahrungspflichten, gegen die erneut zahlreiche Verfassungsbeschwerden und weitere Klagen laufen.

Kein Wettbewerbsvorteil durch Herausgabe des ungeschwärzten Berichts
Vor einem Jahr legte der Piraten-Politiker Breyer Einspruch gegen die Schwärzungen in dem Kontrollbericht ein. Er bestand auf eine detaillierte Auskunft über Art, Umfang und Zweck der von Vodafone verarbeiteten personenbezogenen Daten. Im November 2016 schloss sich die Datenschutzbehörde seiner Ansicht an, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch einen vollständigen Informationszugang nicht in unverhältnismäßiger Weise verletzt würden. Laut dem Portal heise online, dem der „Abhilfebescheid“ der Behörde vorliegt, erkannte diese Vodafones Argument nicht an, dass durch eine Herausgabe „exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich“ gemacht und so „die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig“ beeinflusst werde.

Nach Auffassung der Behörde habe der Netzbetreiber nicht ausreichend dargelegt, inwieweit Wettbewerber anhand der bislang verborgenen Details über die Systemarchitektur für das Speicherwerkzeug oder Verfahrensabläufe „eigene Entwicklungs- oder andere Kosten sparen“ und sich damit am Markt besser oder schneller positionieren könnten als Vodafone. Auch reiche der Verweis auf Einsichten in „Möglichkeiten zur Rechnungslegung und Kontrolle“ nicht aus, um eine Geheimhaltung zu rechtfertigen. Vodafone will nun vor dem Verwaltungsgericht Köln erreichen, dass Voßhoffs Bescheid aufgehoben wird. (fl)

Quellen:

Heise vom 06.06.2017: „Freiwillige Vorratsdatenspeicherung“: Vodafone will nicht Farbe bekennen

Heises vom 23.05.2016: Vodafone: Bundesdatenschutzbeauftragte hält Infos zur „freiwilligen Vorratsdatenspeicherung“ zurück

Heise vom 03.10.2015: Mobilfunkdaten: „exzessive Speicherungen“

Netzpolitik vom 15.05.2017: Vorratsdatenspeicherung ab Juli: Schlecht für Grundrechte – und Provider

Piratenfraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag: Fraktionsvorsitzender Patrick Breyer